Juli 2013
Belletristik
Blanvalet Taschenbuch Verlag
448
Taschenbuch
3442381185
The Last Telegram (2012)
Barbara Müller
Inhaltsangabe:
Süd-England 1938: Die 18jährige Lily Verner brennt darauf, die Welt für sich zu entdecken. Doch ihre Pläne, in der Schweiz zu studieren, schlagen fehl. Ihr Bruder John hat in Österreich besorgniserregende Dinge erlebt. In Europa brodelt es erneut und ein Krieg steht kurz bevor.
Ihr Vater bietet ihr eine Stellung in der eigenen Seidenfabrik an. Zuerst murrend, aber doch interessiert stürzt sie sich in die Produktion von Seide für die verschiedensten Anlässe. Seide eignet sich hervorragend für die Herstellung von Fallschirmen und da auch in England die Kriegsvorbereitungen beginnen, kann die Fabrik ihres Vaters einen lukrativen Auftrag erhalten.
Von ihrem Bruder angestoßen, nimmt die Familie Verner drei jüdische Jungen auf, auch Stephan, der älter zu sein scheint, als er angibt. Lily verliebt sich in den drahtigen und höflichen jungen Mann, doch die Liebe ist verpönt und angesichts der Tatsache, dass inzwischen der Krieg ausgebrochen ist, auch gefährlich.
Der Krieg erfordert Ihre ganze Geduld und Kraft als Tochter, Geschäftsfrau, Freundin und Geliebte. Unter großem Druck trifft sie Entscheidungen, die sie ein ganzes Leben verfolgen.
Mein Fazit:
Der Zweite Weltkrieg dient in vielen Romanen als Hintergrund-Kulisse für tragische und ungewöhnliche Geschichten. Eine wahrer als die andere, manche zwar fiktiv, aber in Angedenken der vielen stillen Geschichten nicht so wirklich abwegig. Über diese Tatsache habe ich mir viele Gedanken gemacht, denn es ist gefühlt jedes zweite Buch, die in dieser Epoche spielt und erzählt wird. Nun ja, manchmal wünsche ich mir ein anderes Szenario, aber dann kommt die Tragik dessen nicht wirklich gut zum Ausdruck.
Im Kastanienhaus, das Haus der Familie Verner, spielen sich die ganzen Dramen ab, die diese Geschichte prägen – bis in die Gegenwart (ca. Jahr 2000). Die ersten zweihundert Seiten plätscherten so vor sich hin. Ich wartete auf die Dinge, die da kommen. Der Spannungsbogen baut sich langsam auf, für manche ist es sicher eine Hängepartie. Erst in der zweiten Hälfte laufen alle Fäden zusammen und ehe einem bewusst wird, was passiert ist, ist die Geschichte auch schon zu Ende. Dennoch hat es mich sehr bewegt und gefesselt.
Ein sehr interessanter Aspekt dieses Romans ist die Geschichte der Seide. Ein Material, dass auch bis heute seinesgleichen sucht: Leicht, widerstandsfähig, stark und doch flexibel! Da gibt es wieder das eine oder andere, was ich nicht wusste. Geschickt hat die Autorin die Seidenproduktion in die Geschichte des Zweiten Weltkriegs eingewoben. Die Figuren sind glaubhaft und irgendwie kommen sie einem vertraut vor.
Auch wenn die erste Hälfte des Buches nicht so packend war, vergebe ich diesem Roman fünf Sterne, denn der Grundstein für die Tragik wurde früh gelegt und weiter filigran herausgearbeitet. Sehr zu empfehlen!
Veröffentlicht am 30.11.2024!